Fotos und Tour-Tagebuch - Alpen-Cross 2003
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Allgemeine Tour-Infos
Tourdaten
- Fahrleistungen: 7255 Höhenmeter und 402 km in fünf Etappen.
- Höchster Punkt: äusseres Viderjoch in der Silvretta (2737 m).
- Alpenhauptkammpassage: Reschenpass.
Teilnehmer
- Aunkofer Norbert
- Niedermeier Christian
- Schmal Josef
- Schmid Andreas
- Traubinger Otto
Dieses Foto entstand am Viderjoch (2737 m), oberhalb von Ischgl.
Vorbereitung
Die Idee zu dieser Alpenüberquerung wurde im Winter gefasst, als Otto Traubinger den Vorschlag machte
"Hey! Mit dem Mountain-Bike über die Alpen zum Gardasee. Das wär doch was."
Sofort fanden sich ein paar interessierte Mitradler und die Vorbereitungen nahmen langsam ihren Lauf.
Die Tour wurde aus verschiedenen Tourenvorschlägen des Mountain BIKE Magazins kombiniert.
Im Frühjahr fingen wir mit dem Radl-Training an. An jedem Sonntag und manchmal auch während der Woche machten wir eine Tour durch den Dürnbucher-Forst. Die Strecke führte meistens bis zu den Strassberger Weihern und zurück. Später wurde die Strecke im Forst hin und wieder variiert und wir unternahmen auch längere Touren nach Kelheim, wo wir erst nach Essing, dann über den Keltenwall zur Donau und im folgenden nach Weltenburg radelten. Der Anstieg zum Keltenwall und der "neue" Radweg von Kelheim nach Weltenburg gaben uns schon einen kleinen Eindruck, was uns in den Bergen erwarten würde. Von Weltenburg ging's dann über Eining zurück nach Niederumelsdorf.
Die Trainingsmotivation - am Anfang noch hoch - nahm mit näher rückendem Termin für die Alpenüberquerung zunehmends ab. Wir wollten einfach richtige Berge sehen. Unsere bisherigen Trainingsstrecken wurden fast schon ein bisschen langweiligen.
Aber schliesslich war er da, der Tag, an dem wir fünf beim Niesl Berni im Auto sassen und uns samt Rucksack und Bikes auf den Weg nach Garmisch machten, von wo unsere Tour starten sollte.
Da wir vorher noch nie eine derartige Tour unternommen haben und nur wenige Erfahrung mit dem Radln in den Bergen hatten, wussten wir eigentlich nicht so wirklich, auf was wir uns da so genau einliessen.
Am Anfang wurden noch kräftig Sprüche geklopft, aber als wir in Reichweite von Garmisch kamen und die Berge in ihrer vollen Pracht vor uns sahen, mischte sich in das Gekoppe doch schon ein bisschen Respekt.
Am Abend gingen wir dann noch kräftigen Essen, um den Energiespeicher für den nächsten Tag zu füllen. Geistig gingen wir schon mal unsere erste Tagesetappe durch.
1. Tag: Garmisch -> Kappl
Etappendaten
- Höhenmeter aufwärts: 1826 m.
- Höhenmeter abwärts: 1302 m.
- Höchster Punkt: Hochthörle (ca. 1500 m).
- Strecke: 105 km.
- Abfahrtszeit: 07:00 Uhr.
- Ankunftszeit: 19:15 Uhr.
- effektive Fahrtzeit: 7:16 Stunden.
- durchschnittl. Geschwindigkeit: 14.4 km/h.
- durchschnittl. Steigung: 7 %.
- max. Steigung: 24 %.
Wegstrecke
Garmisch-Partenkirchen - Talstation Kreuzeckbahn - Hammersbach - Grainau - Christlhütte - Eibsee - Eibseeblick - Hochthörlehütte - Ehrwald-Zugspitzbahn - Ehrwald - Panoramaweg - Höhenweg - Lärchenweg - Fernstein - Nassereith - Imst - Mils - Schönwies - Zams - Landeck - See - Kappl
Tagebuch
Der Tag, an dem uns die Lichter aufgingen.
Am Dienstag Morgen ging's los. Pünktlich um 7.00 Uhr starteten wir von Garmisch. Das Wetter passte - kein Regen - und es versprach gegen Mittag/Nachmittag so richtig heiss zu werden. Also nichts wie los, damit wir uns dann am Nachmittag am Ziel ausruhen können, wenn die Hitze am grössten. So haben wir uns das gedacht. Aber es kam dann doch alles ein bisschen anders.
Schon bis zum Eibsee hatten wir einen schönenn Anstieg vor uns. Da kann man bei uns zu Hause schon mehrmals nach Weltenburg fahren, um vergleichbares zu sehen.
Am Eibsee wurden dann erstmal die Wassertanks aufgefüllt. Naja, wer hohe Berge fährt, der kann schon gut schwitzen. Bis hier hatten wir bereits 300 Höhenmeter hinter uns, aber wir haben ja noch ein Vielfaches vor uns.
Nach einer Pause ging's weiter hinauf zum Hochthörle. Wir hatten ca. 500 Höhenmeter vor uns. Der im Vorfeld-Training eingeplante "Rettungsanker für steile Anstiege" (vorne kleines Kettenblatt, hinten grosse Ritzel) wird zum Standard-Gang. Zum Glück ging der Schotterweg grösstenteils durch den Wald, d.h. im Schatten.
Kurz vor dem höchsten Punkt erwartete uns eine Schiebe-/Tragepassage. Die ersten "Action-Fotos" werden gemacht. Wir dachten, so etwas werden wir so schnell nicht mehr haben. Welch ein Irrtum.
Ab dem Hochthörle ging's dann erstmal abwärts bis Ehrwald. Bergabfahren kann so schön sein.
Hinter Ehrwald geht's auf den Panoramaweg. Das vermeintliche "lockere Dahinrollen" entpuppt sich als stetiges auf und ab. Langsam wird uns klar, dass wir doch nicht schon kurz nach Mittag am Ziel sein werden. 100 km in den Bergen sind halt doch nicht mit 100 km in Kelheim vergleichbar.
Kurz vor Fernstein überqueren wir den Fernpass. Es folgt ein deftiger Downhill und die anschliessende Einfahrt in Nassereith.
Mittlerweile ist es 13.00 Uhr - kurz nach Mittag - und wir haben noch ca. 60 km (!) vor uns. Aber jetzt machen wir erst einmal eine Mittagspause. Wir sind schon ziemlich geschafft. Erster Unmut macht sich breit.
"Wer ist bloss auf diese Idee gekommen?"
"Ja da kommen wir doch am Nachmittag schon in Ischgl an. Was machen wir dann den ganzen Nachmittag? - Von wegen."
Nach einem ausgiebigen Mittagessen machen wir uns weiter auf den Weg. Wir haben uns darauf eingestellt, dass es wohl doch eher Abend werden wird bis wir am Ziel sein werden.
Über Imst ging's nach Landeck mit mässigen Steigungen.
Kurz hinter Landeck, etwa eine Stunde vor Kappl begann es zu regnen und hörte nicht mehr auf. Bis Kappl fuhren wir auf der Hauptstrasse und durch dunkle Tunnel. Das war dann schon ein bisschen lästig, vorallem da es sich um eine viel befahrene Strasse handelte.
In Kappl angekommen müssen wir feststellen, dass die eigentliche Ortschaft etwa 100m höher liegt als die Hauptstrasse. Also gut, das schaffen wir jetzt auch noch.
Eine Pension für die Nacht haben wir sofort gefunden. Wir freuen uns auf die Dusche und hängen unsere Sachen zum Trocknen auf.
Dieser Tag hatte uns die Augen geöffnet. Uns wurde klar, das wir auf keiner Kaffeefahrt waren.
2. Tag: Kappl -> Nauders
Etappendaten
- Höhenmeter aufwärts: 1992 m.
- Höhenmeter abwärts: 1840 m.
- Höchster Punkt: Viderjoch (2737 m).
- Strecke: 56 km.
- Abfahrtszeit: 07:15 Uhr.
- Ankunftszeit: 18:10 Uhr.
- effektive Fahrtzeit: 5:18 Stunden.
- durchschnittl. Geschwindigkeit: 10.6 km/h.
- durchschnittl. Steigung: 10 %.
- max. Steigung: 28 %.
Wegstrecke
Kappl - Ischgl - Forstweg unter Pardatschgratbahn - Alpengasthof Idalpe - Äusseres Viderjoch - Trider Sattel - Alp Trida - Compatsch - Spissermühl - Spisser Tal - Weinberg - Martinsbruck - Nauders
Tagebuch
Das Grauen hat einen Namen - Viderjoch.
Die Nebenstrasse von Kappl bis Ulmich war wegen Bauarbeiten gesperrt. D.h. wir mussten wieder runter auf die Hauptstrasse.
Schon nach ca. 300 m Fahrt, beim Anbremsen auf die erste Serpentinenkurve, schnalzt es. An der Hinterradfelge vom Schmidl war eine Speiche gerissen. Resultat, ein satter Achter am Hinterreifen. Die Reparatur - Einziehen einer Ersatzspeiche und Zentrieren der Felge - kostete uns etwa 45 Minuten.
Gegen 9.00 Uhr waren wir in Ischgl. An der Talstation der Pardatschgratbahn fragen wir einen Einheimischen nach dem Weg zum Viderjoch. Der grinst nur und weist uns den Weg nach oben: "Immer den Weg entlang. Rauf, eine Kurve nach der anderen."
Otto schaut nach oben: "Was?! Da rauf?"
Aber es hilft nix. Da müssen wir rauf.
Auf einem Schotterweg geht es unterhalb der Seilbahn aufwärts. Eine Kurve nach der anderen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit pendelt sich zwischen 4-5 km/h ein. Der Schweiss läuft. Ab etwa der halben Strecke geht's weiter auf einem Asphaltweg. Die Steigung nimmt zu.
Nach etwa 2.5 Stunden und 1000 Höhenmeter Anstieg kamen wir zur Idalpe auf etwa 2300 m Höhe. Kräftemässig ziemlich am Ende, legten wir erstmal eine längere Mittagspause ein.
"Ich hab' mir ja viel vorgestellt, aber sowas hab' ich nicht erwartet." - Zitat von Otto.
Um 13.00 Uhr machen wir uns wieder auf den Weg. Etwa 400 Höhenmeter bis zum Viderjoch liegen noch vor uns. Die letzten 150 Höhenmeter legen wir schiebend zurück. Es ist einfach zu steil.
Zwei Downhiller schiessen bergab mit einem Wahnsinnstempo an uns vorbei. Aber weiter unten sehen wir, wie sie schon bei der geringsten Steigung absteigen und schieben. Tja, so ein Downhill-Bolide ist halt nix zum Bergauftreten.
Um ca. 14:30 Uhr kommen wir am Gipfel des Viderjoch bei 2737 m an. Es ist geschafft. Nach einer kurzen Pause - wir trocknen uns ab und streifen den Windstopper über - freuen wir uns auf die jetzt folgende Downhill-Etappe.
Dem "Gipfelsturm" folgt eine mörderische Abfahrt. Das Gefälle des ersten Teilstücks war weit über 30 % und das Ganze auf grobem Schotteruntergrund. Wer hier nicht bremst, der verliert - den Boden unter den Reifen.
An der Alp Trida legen wir eine kurzen Verschnaufstop ein. Die Bremsen sind kurz vor dem Glühen. Es geht weiter bergab bis Compatsch.
In Compatsch angekommen werden wir von einem kurzen, aber heftigen Regenschauer überrascht. Wir suchen Unterschlupf und warten ab, bis sich die Strasse wieder etwas abgetrocknet hat.
Von Compatsch geht's nochmal ca. 700m Höhenmeter abwärts bis Weinberg auf der Strasse entlang des Schalklbachs durch's Spisser Tal. Eine krasse Highspeed-Abfahrt mit mehreren fiesen Tunneln.
Die Tunnel waren kurvig, eng und vor allem sehr, sehr dunkel. Da ein "echtes" Mountainbike natürlich keine Beleuchtung hat, war es bei der ersten Einfahrt in einen solchen Tunnel auf einmal schwarz. Da bekommt man schon ein etwas mulmiges Gefühl. Besonders hinterhältig waren auch noch Fels-/Mauervorsprünge in den Tunneln, die man im Dunkeln erst im letzten Moment sah.
Von Weinberg ging's dann gemütlich bis Martinsbruck. Von Martinsbruck bis Nauders mussten wir noch einen Anstieg mit etwa 300 Höhenmetern überwinden. Im Vergleich zu dem, was wir an diesem Tag schon hinter uns hatten, war der Anstieg aber relativ moderat und wir kletterten einigermassen entspannt hoch. Während des Hochradlns wurden wir zwar noch von einer Trainingsgruppe Langläufer mit ihren Roll-Skiern den Berg zum Aufwärmen hochpumpten, aber da muss man halt einfach drüberstehen.
In Nauders angekommen, wussten wir, dass wir heute die härteste Etappe unserer Alpenüberquerung hinter uns hatten.
3. Tag: Nauders -> Meran
Etappendaten
- Höhenmeter aufwärts: 520 m.
- Höhenmeter abwärts: 1495 m.
- Höchster Punkt: Weg um den Reschensee (ca. 1650 m).
- Strecke: 98 km.
- Abfahrtszeit: 07:30 Uhr.
- Ankunftszeit: 15:30 Uhr.
- effektive Fahrtzeit: 5:03 Stunden.
- durchschnittl. Geschwindigkeit: 19.3 km/h.
- durchschnittl. Steigung: 6 %.
- max. Steigung: 13 %.
Wegstrecke
Nauders - Reschenpass - Reschen - im Westen um den Reschensee - St. Valentin - Dörfl - Ulten - Burgeis - Schleis - Laatsch - Glurns - Laas - Göflan - Goldrain - Latsch - Naturns - Plaus - Meran
Tagebuch
Der dritte Tag versprach ruhiger zu werden. Vor uns standen ein "geringer" Anstieg zum Reschenpass und dann eine gemütliche Fahrt durch's Vinschgau bis Meran. Wir konnten uns einigermassen von den Strapazen der vorherigen beiden Tage erholen. Sofern das bei Temperaturen um die 35°C möglich war.
Am Reschenpass angekommen, ging's runter zur Ortschaft Reschen am Reschensee. Der weitere Weg führte uns westlich um den Reschensee. Die Strasse entlang des Sees stieg leicht an und wir erreichen den höchsten Punkt der heutigen Tagesetappe. Wir haben einen tollen Überblick über den Reschensee.
Über eine Serpentinenabfahrt rauschen wir nach St. Valentin am Südende des Reschensees. Von dort fuhren wir ein bisschen bergauf nach Dörfl und rasen in einer Hochgeschwindigkeitsabfahrt nach Ulten. Norbert hält mit 82 km/h den Geschwindigkeitsrekord.
Über Burgeis, Schleiss, Laatsch rollten wir in einer gemütlichen Abfahrt nach Glurns. Es ging weiter entlang der Etsch nach Laas, wo wir die Mittagspause von 11.00 - 12.30 Uhr einlegten.
Entlang der Etsch fahren wir im Anschluss weiter durch endlose Südtiroler Apfelplantagen. Die Wege durch die Plantagen erinnern an die Wege und Pfade im Dürnbucher Forst. Hier finden sich wohl auch nur die einheimischen Insider zurecht. Aber wenn links und rechts die hohen Berge ansteigen, ist der beste Weg wohl geradeaus.
Kurz vor Meran müssen wir nochmal auf die Hauptstrasse und wir rasen auf einer rasanten Serpentinenabfahrt hinunter nach Meran. Immer im Kampf mit penetranten Autos und Lastwagen, die auf der kurvigen Strecke nicht immer ganz unriskante Überholmanöver versuchen.
In Meran angekommen, bekamen wir erstmals einen Eindruck der drückenden Hitze, die uns in den kommenden Tagen und am Gardasee erwarten würde. Die Nacht mit nahezu 30°C machte das Schlafen schwer.
Am Abend beschlossen wir, die weitere Strecke zum Gardasee höhenmetermässig etwas zu reduzieren. Wir nehmen nicht die Route über Madonna di Campiglio, bei der uns noch einige sehr anspruchsvolle Anstiege erwartet hätten, sondern wählten eine etwas entschärfte Strecke. Aber selbst diese Wahl bot uns letztendlich noch einige "Schmankerl", die wir nicht unbedingt erwarteten.
4. Tag: Meran -> Campodenno
Etappendaten
- Höhenmeter aufwärts: 1557 m.
- Höhenmeter abwärts: 1290 m.
- Höchster Punkt: Gampenjoch (1518 m).
- Strecke: 74 km.
- Abfahrtszeit: 07:15 Uhr.
- Ankunftszeit: 16:30 Uhr.
- effektive Fahrtzeit: 5:01 Stunden.
- durchschnittl. Geschwindigkeit: 14.8 km/h.
- durchschnittl. Steigung: 7 %.
- max. Steigung: 29 %.
Wegstrecke
Meran - Lana - Naraun - Weg um das Tisner Gall - Platzers - Moser - Gampenjoch - Unsere Liebe Frau im Walde - Rif. alla Regola - Castelfondo - Brez - Cloz - Romallo - Revo - Cagno - Cles - Tuenno - Terres - Flavon - Cunevo - Termon - Campodenno
Tagebuch
Von Meran führte uns der Weg über Lana hoch nach Naraun. An einer Tankstelle füllten wir unsere Wasserflaschen auf und wir trafen auf eine andere Gruppe Mountainbiker, die ebenfalls Richtung Gardasee unterwegs waren. Die scheinbar erfahrene Gruppe sollte uns an diesem Tag noch öfter begegnen.
Auf einer Bikeroute um das Tisner Gall machten wir uns auf den Weg hoch Richtung Platzers. Nach kurzer Wegstrecke trafen wir wieder auf unsere "Transalp-Profis", die gerade seitlich ein steiles Wegstück hochschoben. Schon zehnmal über die Alpen gefahren und doch wieder im Weg geirrt.
Der Weg durch den Wald nach Platzers wurde zunehmends steiler und letztendlich schoben wir wieder einen unfahrbaren Pfad mit sehr grobem Stein und Schotter hoch.
Nach Platzers folgte ein kurzes Abfahrtstück bis Moser und wir fuhren weiter hoch auf der Gampenpass-Strasse in Richtung Gampenjoch.
Vom Gampenjoch ging's in einer rasanten Abfahrt runter in die Ortschaft "Unsere liebe Frau im Walde" - ein komischer Name. Dort machen wir Halt für die Mittagspause.
Nach der Mittagspause ging es wieder durch den Wald auf Schotterpisten, Waldwegen und später Asphalt abwärts nach Castelfondo. Kurz vor Castelfondo, als wir bei rasanter Bergabfahrt den Wald verliessen, blies es uns entgegen wie aus einem heissen Fön. Da war sie wieder, die brütende Nachmittagshitze.
Von Castelfondo ging es dann über Cloz, Romallo und Revo auf einer lockeren Abfahrt nach Cagno. Kurz hinter Cagno überholten wir bergab noch unsere "Alpencross-Checker". Nach einer kurzen Pause oberhalb des Lago di Guistina o di Cles trennten sich aber dann unsere Wege und wir fuhren weiter nach Süden Richtung Cles.
Von Cles ging es dann bei mässigem Auf und Ab weiter über Tuenno, Terres, Flavon, ... bis wir letztendlich in Campodenno ankamen, unserem heutigen Etappenziel. In Campodenno mussten wir dann erkennen, dass dieses Dorf nicht wirklich eine Touristenmetropole ist. Aber mit etwas Glück hatten wir dann doch relativ schnell eine Unterkunft für die Nacht.
5. Tag: Campodenno -> Varone (Riva am Gardasee)
Etappendaten
- Höhenmeter aufwärts: 1360 m.
- Höhenmeter abwärts: 1740 m.
- Höchster Punkt: Selva Piana (ca. 1200 m).
- Strecke: 69 km.
- Abfahrtszeit: 07:50 Uhr.
- Ankunftszeit: 17:00 Uhr.
- effektive Fahrtzeit: 5:17 Stunden.
- durchschnittl. Geschwindigkeit: 12.9 km/h.
- durchschnittl. Steigung: 10 %.
- max. Steigung: 29 %.
Wegstrecke
Campodenno - Lover - Spormiore - Cesarin - Maurina - Spormaggiore - le Seghe - Selva Piana - Lago di Andalo - Andalo - Val Biola - Molveno - Lago di Molveno - Nembia - Busa di Colin - Moline - Ranzo - Val Busa - Cast. Toblino - Sarche - Dro - Arco - Varone (bei Riva am Gardasee)
Tagebuch
Routenfehler, die uns die Kräfte rauben.
Die letzte Etappe stand vor uns. Laut Planung nur noch ein paar Anstieg und dann hinunter zum Gardasee. Dementsprechend liessen wir es ein bisschen ruhiger angehen. Gemütliches Frühstück und dann ein bisschen später losfahren.
Im Auf und Ab ging es durch mehrere kleinere Ortschaften bis Spormaggiore. Von da nach le Seghe und hinauf zur Selva Piana. Ein knackiger Anstieg bei brütender Hitze. Durch den Wald zur Selva Piana hinauf wurden wir von tausenden Riesen-Bremsen verfolgt. Neben Hitze und Strapazen durch den Anstieg am Berg mussten wir uns auch noch gegen diese Biester wehren, die selbst durch die Radlkleidung hindurch stochen.
Oben angekommen ging es wieder abwärts nach Andalo. Am Lago di Andalo wollten wir uns ein bisschen abkühlen, aber beim Vorbeifahren mussten wir erkennen, dass von dem See nur ein paar Pfützen übrig waren. Durch die anhaltende Hitze war der See beinahe komplett ausgetrocknet. Ok, also dann weiter bis zum nächsten See.
Weiter ging's über das Val Biola nach Molveno. Hier kam es zu Schnitzer Nr. 1. Wir nehmen den falschen Weg durch den Wald. Der Weg, der sich Anfangs als technisch anspruchsvoll und interessant darstellt, war irgendwann zu Ende. Es folgt ein steiler Abstieg mitten im Wald durch Gestrüpp und Gebüsch hinab zur Hauptstrasse nach Molveno. Unten angekommen, dachten wir nur: Naja ein bisschen Action am letzten Tag ist nicht so schlimm. Ab jetzt geht's ja eh nur noch bergab. Da kann man das schon noch verkraften.
In Molveno angekommen machten wir eine kurze Rast am Lago di Molveno und kühlten uns etwas ab. Endlich hatte es auch mit einem Bad in einem See einmal geklappt. Bisher waren wir immer vorbei gefahren oder sie waren halt ausgetrocknet.
Westlich am Lago di Molveno vorbei fuhren wir nach Nembia. Die Mittagspause liesen wir ausfallen, da wir ja sowieso keine Steigungen vor uns hatten - dachten wir.
Von Nembia sollte es dann über Busa di Colin nach Ranzo gehen. Wir studierten nochmal eingehend die Karte, dass uns nicht noch ein Schnitzer passiert. Wir hatten auch schnell die Stelle identifiziert, an der wir nicht verkehrt abbiegen durften, weil wir sonst im falschen Tal landen würden. Das zur Theorie.
Die Strasse ging abwärts. Wir liessen die Räder rollen. Vorbei an einer Einfahrt zu einem Kieswerk/Steinbruch. Von der Abzweigung nach rechts, die wir in keinem Fall nehmen durften, weit und breit keine Spur. Wir hielten an einer kleinen Kirche an. Ein kritischer Blick auf den Höhenmesser und in die Landkarte lies Zweifel aufkommen. Irgendwas stimmt da nicht. Wir waren etwa 300 Höhenmeter zu tief. Wir fragten einen Einheimischen um Rat und es stellte sich heraus, dass wir genau da waren, wo wir unter keinen Umständen landen wollten, nämlich im falschen Tal. Wir waren rechts vom Berg und wollten eigentlich links hinunter. Uns graute Schlimmes.
Wie uns bestätigt wurde, hätten wir oben in das Kieswerk einbiegen müssen, um auf dem richtigen Weg zu bleiben. Aber das sei vor uns auch schon einigen anderen passiert. Der freundliche Mann wusste zumindest sofort Bescheid, von wo wir kamen und wo wir eigentlich hinwollten. Er hatte auch sofort zwei Routenvorschläge parat.
Seine erste Frage: "Seid Ihr schwindelfrei?" Es gäbe da nämlich eine Weg nach Ranzo weniger steil, aber dafür "technisch anspruchsvoll" bis gefährlich. Der Pfad sei schmal und führe an der Felswand entlang. An einer Stelle müssten wir dann über Holzbohlen ein "kurzes" Stück an der Wand entlang. Eine Hand am Stahlseil und in der anderen Hand das Bike. Einige Leute, die sich auf diesen Weg wagten, sein auch schon mal wieder zurückgekommen, weil sie umkehrten.
Ok, man mag uns jetzt feig nennen, aber wir erkundigten uns nach der Alternative.
Seine zweite Frage: "Habt Ihr genug Wasser dabei?" Wir nickten, die Wasserflaschen waren noch beinahe voll. Es gibt da noch einen zweiten Weg. Weniger gefährlich, dafür aber äusserst steil und nicht fahrbar. Zuerst geht's etwa 200 Höhenmeter einen Weg hoch. Am Ende kommen dann noch 100 Höhenmeter, auf denen die Räder getragen werden müssen.
Wir entschieden uns für die Alternativroute und hofften, dass der man wohl etwas übertrieben hatte und das Ganze schon nicht so schlimm werden wird. Aber, wie sich später herausstellte, die Auskunft war ziemlich korrekt und keinesfalls übertrieben.
Der Weg ging steil den Berg hoch. Wir schoben. Der Schweiss ran uns wie ein Sturzbach herab. Der Weg führt auf der Südwestseite den Berg hinauf. Die Sonne knallte bei 35-40°C auf uns herab. Wir waren dem Ende nahe. Die Moral erreichte den Tiefpunkt. Sowas hätte heute keiner mehr erwartet. Wie schon vorher erwähnt, wir haben heute auf die Mittagspause verzichte. Das sollte sich jetzt bitter rächen.
An jedem Zwischenplateau erwarteten wir den Ende des Anstieg, aber es ging immer weiter nach oben. Eine kleine Entschädigung konnte die grandiose Aussicht ins Tal geben, aber das war in diesem Augenblick einem jedem egal.
Plötzlich war der Weg aus. Die haben hier einfach mit dem Wegebau aufgehört. Sauerei. Wir schauen nach links und erkennen einen Kletterpfad der sich zwischen den Bäumen auf dem felsigen Untergrund nach oben zieht. Mit dem Schieben war es jetzt vorbei. Schritt für Schritt und Stufe für Stufe wuchten wir uns und die Bikes nachoben.
Als wir etwa eine Stunde unterwegs waren, die Wasserreserven beinahe aufgebraucht, schrie Norbert bei einer kurzen Pause plötzlich von oben herab: "Hey, da oben ist eine Strasse." Wir ungläubig: "Du spinnst doch. Da ist doch nix." Auf einmal sahen wir oben zwei Mountainbiker vorbeifahren, die relativ erstaunt zu uns nach unten schauten und sich wohl wunderten, wer denn da von unten raufkrabbelt.
Endlich geschafft. Wir erklommen die letzten Meter und ruhten uns erstmal eine Weile aus. Der "kleine Abstecher" hat uns etwa eine Stunde und die letzten Kräfte gekostet. Wir rollen bergab nach Ranzo und denken uns, jetzt bloss keinen Routenfehler mehr, sonst kommen wir heute nicht mehr ans Ziel.
Von Ranzo fuhren wir auf einem waghalsigen Downhill durch das Val Busa nach Castel Toblino. Die Wegstrecke war etwa 2.5 km lang und es ging 500 m abwärts. Das bedeutet im Schnitt 20 % Gefälle. Teilabschnitte der groben Schotterpiste waren so steil, dass wir bergab sogar schoben. Die Abfahrt war der letzte Härtetest für Mensch und Maschine auf dieser Tour.
Unten angekommen, liessen wir erstmal die Bremsen wieder abkühlen. Aufgrund der vorherigen Strapazen entschlossen wir uns am Castel Toblino, das direkt am Lago die Toblino liegt eine Nachmittagspause einzulegen. Nach einem "kleinen" Imbiss und mit aufgefüllten Wassertanks machten wir uns auf zum letzten Streckenabschnitt.
Wir fuhren auf der Hauptstrasse über Sarche, Dro nach Arco. Nur keine Risiken mehr eingehen. In Arco angekommen radeln wir gemütlich durch die Altstadt und drehen auf dem Marktplatz noch einige Ehren-/Orientierungsrunden. Jetzt haben wir's gleich geschafft. Nach Varone, das nördlich von Riva und westlich von Arco liegt, waren es nur noch wenige Kilometer.
Nach kurzer Zeit rollen wir in Varone, am Endziel der Tour, ein und sind erleichtert. Wir werfen die stinkenden Radlklamotten in's Eck und springen in den Pool. Ist das schön.
Auf diese Weise hat selbst der letzte Tag, der laut Planung eigentlich recht ruhig sein sollte, noch ein "bisschen" Würze bekommen und zum Abschluss muss man sagen: Wir sind alle heil, ohne grössere Blessuren, am Ziel angekommen und haben fünf aufregende Tage hinter uns, die wir so schnell nicht vergessen werden.
Das Hallertauer-Skiclub-Alpencross-Team 2003,
Cheese, Norbert, Otto, Schmidl, Sepp
Verantwortlich für diesen Artikel:
- Text, Gestaltung -> Sepp
- Fotos -> Cheese, Schmidl, Sepp
- Etappendaten -> Norbert